Sommer
21.8.2011 Blitzreiches Gewitter im genialen Abendlicht im Niederrhein
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- Erstellt: 25. August 2011
- Zuletzt aktualisiert: 14. Oktober 2016
- Geschrieben von René
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Am Sonntag stand wieder ein Level 2 von Estofex an. Diesmal war die Gewitterlage kaum vorhersehbar. Am frühen Nachmittag zog eine große Schauerlinie aus dem Westen rein, die aber nur sehr vereinzelt Gewitter brachte. Bei Mönchengladbach habe ich auf frische Gewitterzellen gewartet und am Abend entwickelte sich an der Grenze bei Venlo eine kräftige und sehr blitzaktive Multizelle. Diese habe ich im genialen Abendlicht bis Neuss gejagt.
Hier ist das Video vom Chasing:
Das besondere an dieser Lage war, dass der Deckel (CIN - Convective Inhibition) sehr stark war. Es konnten also nur sehr starke Aufwinde diesen Deckel durchbrechen und sich zu Gewitterzellen entwickeln.
Den ganzen Tag war es bei um die 30 Grad sehr warm und schwül.
Am frühen Nachmittag zog die Schauerlinie aus Benelux nach Westdeutschland und ich hoffte, dass diese in der energiereichen Luftmasse im Rheinland auslöst und blitzaktiv wird. Also bin ich gegen 15.30 Uhr Richtung Düren losgefahren, um mich dort irgendwo zu positionieren. Auf der Fahrt ist mir eine Quellwolke Richtung Osten aufgefallen, die relativ gesund und kräftig aussah. An der Allee zwischen Düren-Birgel und Rölsdorf habe ich diese fotografiert:
Ich bin durch Düren nach Merzenich gefahren und habe wieder ein Foto davon gemacht:
Die Quellwolke schwächelte, da sie den Deckel nicht durchbrechen konnte.
Bald rückte auch die Schauerlinie an, die immer noch nicht blitzaktiv war. Ich bin weiter nach Nordosten gefahren, um mich für eine mögliche Auslöse an der Schauerlinie zu positionieren. In Kerpen-Buir hat mich der Regen schon eingeholt. Aus diesem wollte ich mich wieder rauskämpfen und bin schnell bis Kerpen-Sindorf gefahren. Da die Linie immer noch nicht auslöste, habe ich mich vom Regen überrollen lassen und habe vom befreundeten Chaser Stephan aus Essen über Instant Messenger erfahren, dass es bei ihm zuhause in der Schauerlinie grummelt. Also wollte ich mich Richtung Niederrhein aufmachen, da sich dort am ehesten Gewitterzellen hinter der Schauerlinie bilden könnten.
Ich bin auf die A 61 Richtung Mönchengladbach gefahren. Ab dem Dreieck Jackerath war ein langer Stau, der mich eine ganze Stunde gekostet hat...
Bei ca. 30 Grad war es immer noch drückend und zwischendurch gab es ein paar Regentropfen. Diese brachten aber keine Abkühlung, sondern waren eher wie ein Aufguss in der Sauna :D
Zum Glück habe ich durch den Stau wettertechnisch nichts verpasst. Hinter dem Stau gegen 18 Uhr bin ich direkt in Mönchengladbach-Wanlo abgefahren und habe mir in der Nähe einen Aussichtspunkt gesucht.
Bei Jüchen-Hochneukirch habe ich einen gefunden und dort erstmal Pause gemacht und ins Niederschlagsradar geschaut. Dort sah ich eine Gewitterzelle bei Venlo, die sich prächtig entwickelte, aber unerreichbar für mich war. Stephan schrieb mir, dass zwei andere Chaser (Daniel und Patrick vom Chasingteam Dortmund) auf dem Weg zu ihm sind, um gemeinsam rauszufahren.
Richtung Südost habe ich Virga fotografiert, das sind Regenfallstreifen, die nicht bis zum Boden reichen:
Stephan schrieb mir kurze Zeit später, dass sie alles zum Chasen bereit gemacht haben und sich in die grobe Richtung Venlo aufmachen wollen, um die sich gerade dort bildende Gewitterlinie (Multizelle) abzufangen. Diese konnte ich von meinem Standort auch am Horizont sehen:
Diese wollte ich auch abfangen und fuhr über die Autobahn in den Norden von Mönchengladbach. Dort hatte ich um 19.30 Uhr eine tolle Sicht auf die frischen Quellungen der Linie über dem saftig grünen Feld:
Die drei waren inzwischen in Kerken an der Multizelle dran. Da wir uns evtl. treffen wollten, bin ich auch in die grobe Richtung gefahren. Südlich von Dülken (bei Viersen) bin ich auf ein Feld gefahren, um ein Pano von der Zelle zu machen:
Der rechte Teil hatte schon dichte Fallstreifen entwickelt und ich hörte erstes Donnergrollen.
Da die Sicht auf die Zelle hier nicht so gut war, habe ich mir einen neuen Chasingpoint gesucht. Ein Stück weiter südlich fand ich einen. Dort angekommen gab es geniale Gegendämmerungsstrahlen, wie ich sie noch nie vorher gesehen habe:
Diese waren so intensiv, weil die Gewitterzelle harte Schatten warf und weil die Luft sehr feucht war.
Ich habe um 19.57 Uhr ein Pano von der Multizelle mit Pileus gemacht:
Der Zellkern des rechten Teils war mittlerweise sehr kräftig und die Blitzaktivität war enorm. Man hörte Dauergrummeln und ab und zu sah man auch Blitze. Die meisten Blitze waren allerdings innerhalb der Wolke.
Zehn Minuten später ist die Linie ein gutes Stück weiter gezogen und der ganz linke (südwestliche) Teil war nichtgewittriger Regen:
In der Mitte der Linie waren schöne Fallstreifen hinter der Basis der Versorgungslinie:
Die Sonne beleuchtete die Zelle von hinten und zauberte ein tolles Farbenspiel:
Da der nichtgewittrige Regen mich inzwischen erreicht hat, musste ich den Rückzug antreten. Ich bin auf die Autobahn 52 nach Osten gefahren. Während der ganzen Fahrt war die Zelle links von mir, sie wurde toll von der Abendsonne angeleuchtet und manche Blitze erhellten den ganzen Himmel. In Kaarst bin ich abgefahren und habe bei Holzbüttgen einen Beobachtungspunkt gefunden. Die Lichtstimmung war einfach genial, denn die Zelle leuchtete intensiv gelb bis orange und das Stoppelfeld mit den Strohballen harmonierte wunderbar damit:
Die Zelle wurde outflowdominant und entwickelte eine Böenfront:
Ich habe auch ein 300°-Pano von der Zelle gemacht. Links hinter dem Weg ist die regenfreie Aufwindbasis an der Rückseite der Zelle und ungefähr in der Bildmitte entwickelt sich die Böenfront im Outflowbereich. Hinter meinem Auto rechts im Pano sind Gegendämmerungsstrahlen:
Auf das Pano klicken, um es in groß anzuzeigen.
Hier kann man die sich entwickelnde Böenfront gut erkennen:
Da die Gebäude mir bald die Sicht auf die Böenfront versperrten, bin ich etwas weiter nach Osten gefahren. Es hätte keinen Sinn gemacht, weit nach Neuss rein zu fahren, da ich dort sicher keinen vernünftigen Chasingpoint gefunden hätte. Ich bin also auf gut Glück in eine Straße im Nordwesten von Neuss direkt in der Nähe der Autobahn gefahren und landete an einem Feld mit einer genialen Sicht auf die Zelle.
Die Böenfront hat sich in den acht Minuten Fahrzeit prächtig entwickelt und ich habe bei der Aufnahme sogar ein paar kleine Blitze links von der Böenfront erwischt:
Ich habe auch ein Pano gemacht. Hinter der Zelle schien die Sonne durch:
Danach habe ich eine Langzeitbelichtung von der abziehenden Zelle gemacht:
Immer mehr Feuchtigkeit kondensierte an der Böenfront an:
Als die Versorgungslinie der Gewitterzelle durchzog, regnete es kurz etwas, aber es kühlte sich dadurch nicht ab. Es war immer noch ca. 28 Grad und durch den Schauer umso drückender. Um 21.12 Uhr zog endlich auch die Müllbewölkung ab und gab den Blick auf den frischen Eisschirm und den Aufwindturm an der Rückseite der Zelle frei:
Fast im Sekundentakt zuckten Blitze in der Gewitterzelle. Leider waren die meisten davon in der Wolke. Aber trotzdem konnte ich einen Blitz am Eisschirmrand erwischen:
Der Eisschirm wurde immer mächtiger und es bildeten sich Mammaten:
Der Eisschirm war nun fast kreisrund und wurde von Wolkenblitzen erhellt ("Lampenschirm"):
Die drei anderen Chaser waren noch in Mönchengladbach und wir wollten uns an meinem Standort treffen.
Ich habe ein letztes Foto vom abziehenden Eisschirm gemacht und dabei sogar einen der wenigen Erdblitze hinter den rechten Häusern erwischt:
Gegen 22 Uhr sind die drei angekommen und wir haben uns über unsere Jagderlebnisse ausgetauscht. Inzwischen hat die Gewitterlinie südlich über der Jülicher Börde angebaut, während die große Gewitterzelle schon über dem östlichen Ruhrgebiet war. Da diese auch fast nur Wolkenblitze hatte, hat es sich auch nicht mehr gelohnt, diese zu jagen.
Also haben wir uns verabschiedet und sind nach Hause gefahren.
Ich hoffe, dass euch die Eindrücke von diesem genialen Chasing gefallen haben.
Gruß René